GEMEINSAME SACHE Wie Initiativen Berlin schöner machen - heute aus Moabit Eine Gießtruppe für den grünen Gürtel Seit fast zehn Jahren pflegt die Initiative Waldstraße die 🌳 Bäume, die Blumen und die Nachbarschaft _____________________________________________________________ Foto: Damit der Kiez grünt. Fast täglich sind die Ehrenamtlichen aus der Moabiter Waldstraße unterwegs, um durstige Bäume zu wässern. Ganz rechts Lothar Walter. ______________________________________ Wie ein grüner Gürtel zieht sich die Moabiter Waldstraße durch den dichten Großstadtkiez. Blumenrabatte, Ahorne und Pflanzkästen schaffen einen naturnahen Mittelstreifen, der zum Innehalten einlädt. Ohne das Engagement von Lothar Walter und seiner ehrenamtlichen Gießtruppe würde es dies alles nicht geben. Schon seit neun Jahren kümmert er sich mit einer kleinen Schar von Anwohnern um die grüne Lunge im Quartier.
Das Pflegerevier der Nachbarschaftsinitiative auf der Waldstraße erstreckt sich von der Turm- bis zur Siemensstraße, das sind gut 800 Meter.
Dieser Bereich ist in drei Abschnitte aufgeteilt. An jedem Sonnabend ist ein Bereich zur Bearbeitung vorgesehen. Von 8 bis 12 Uhr geht eine kleine Kolonne auf Tour. Unkraut zupfen, neue Pflanzen setzen und Gießen stehen auf dem Programm.
Ein Mitstreiter aus der Gründungszeit der Initiative ist Braulio. Der gebürtige Kubaner arbeitet bei einem sozialen Träger in der Nachbarschaft und wohnt auch im Kiez. „Ich möchte mit dafür sorgen, dass die Bäume nicht kaputt gehen und dass es hier für alle schön ist“, sagt er. Auch Dozentin Stephanie Grote packt häufig an. „Wir wollen alle eine schöne Umgebung hier haben“, erzählt sie, „und die Straßenbäume brauchen Wasser. Das Grünflächenamt schafft es nicht.“ Sebastian ist erst seit Kurzem dabei. Er sprengt mit Begeisterung die jungen Bäume, die besonders viel Wasser brauchen.
Doch allein mit dem Gießen ist es nicht getan. Regelmäßig sind Clean-up-Aktionen nötig. Scherben von zerborstenen Bierflaschen liegen am Rand des Weges. Papiertüten und leere Zigarettenschachteln befinden sich in den Hecken. Für diesen Müll nutzt die Initiative Greifzangen, die über den Verein Moabiter Ratschlag angeschafft wurden.
Neuen Mitgliedern zeigt Lothar Walter, „wie groß eine Menge von 100 Litern ist“. Denn Wasser ist das A und O für die Bäume in der Waldstraße. Aber 100 Liter reichen bei Trockenheit nicht lange für einen Ahorn oder eine Rotbuche. Gut, dass es seit 2014 eine Quelle gibt. „Wir sind die einzige Gießgruppe in Berlin, die Hydranten des Grünflächenamtes benutzen kann. Das gibt es sonst nirgends“, erklärt der agile Rentner.
Mit Hilfe von langen Schläuchen können sie sich an 23 Hydranten bedienen. „Das ist ein großer Vorteil für uns“, sagt Walter, und auch eine Garantie, dass ein im vergangenen Jahr auf Höhe der Waldenserstraße angelegtes Blumenbeet immer eine bunte Blütenpracht präsentiert. Kommt es gelegentlich zu einem gewissen Vandalismus auf dem Grünstreifen in der Waldstraße, so gab es auf dem Schaubeet bisher keinerlei Beschädigungen. „Wenn man etwas schön herrichtet, dann wird das auch pfleglich behandelt“, weiß Walter aus seiner fast zehnjährigen Kiezarbeit.
Der Anstoß zu dem Hochbeet kam durch die Hilfe der „Gemeinnützigen Stiftung Kleine Plätze“ zustande. Die kümmert sich um Grünoasen in der ganzen Stadt und schickte Nicole Baensch in die Waldstraße. Die Gartenplanerin machte verschiedene Vorschläge zur Gestaltung. „Die Initiative hat sich dann für eine bunte Vielfalt von Stauden ausgesprochen“, erzählt sie: „Viel Gelb und Rot, passend zum benachbarten Spielplatz, sollte her.“ Und so kamen Rittersporn, Indianernessel, Wasserdost, Kartoffelrosen, Quittensträucher und Hortensien nach Moabit.
„Jetzt sind immer viele Schmetterlinge und Hummeln auf dem Beet“, freut sich Nicole Baensch. Auch der Baumstreifen bietet eine erstaunliche Vielfalt – sogar einen aus Asien stammenden, sehr seltenen Blauglockenbaum.
Lothar Walter lebt seit 1983 in Moabit. Mit Freunden gründete der gelernte Konditor in der Waldstraße eine der ersten Biobäckereien in Berlin. Später wurde er Altenpfleger.
„Dann habe ich mir gesagt, hier bei mir zu Hause in der Waldstraße muss auch mal was passieren, damit wir eine schöne Nachbarschaft haben.“ So kam es zur Gründung der Initiative. Rund zehn Frauen und Männer zählen jetzt zum festen Kreis. Gern unterstützen sie übrigens auch ähnlich aktive Gruppen im Bezirk.
Am zweiten Sonntag im August stand etwa die Reinigung eines Grünstreifens in der Straße Alt-Moabit Ecke Ottostraße auf dem Programm. Die Initiative ist gut vernetzt im Stadtteil. Besonders enge Kontakte gibt es zum Quartiersmanagement und zum Verein Moabiter Ratschlag in der Rostocker Straße. Man hilft sich gegenseitig und fördert so den sozialen Zusammenhalt.
Und die Arbeit hört nie auf. Wenn jetzt im Herbst nicht mehr so viel gegossen werden muss, soll endlich das Gerüst für das Rosenspalier einen neuen Anstrich bekommen. Deshalb freuen sie sich über Helfer*innen, wenn es am Sonnabend, 11. September, bei der „Gemeinsame Sache“ eine Putz- und Gießaktion gibt. :::::.... tgs - Tagesspiegel vom 21.8.2021 🌳
Foto: Paul F. Gerd - Bericht: Gerd Nowakowski -
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